Geburtsbericht M. | 20.05.21 08:16 Uhr (ET + 6) | 3960g | 54cm | KU 36

Komplikationsfreie Schwangerschaft, Vorbereitung mit der friedlichen Geburt seit der 20 SSW

10.05 .21 ET -4 Baby wird auf 4 kg geschätzt, eine Einleitung wird deshalb angeboten.

17.05.21 ET+3: Einleitung wird erneut angeboten und von mir abgelehnt. Baby ist weiterhin gut versorgt, aber ab ET+7 wäre die Einleitung ausdrücklich ärztlich empfohlen. Habe den ganzen Tag und nachts stärker werdende regelmäßige Wellen, die ich nutze, um die drei Säulen zu üben und bin voller Vorfreude auf unseren Sohn.

18.05.21 ET+4 Bis Mittag Wellen in kurzen Abständen und in der Intensität, dass ich nicht schlafen kann. Mein Mann und ich gehen gegen 21 Uhr ins Bett und die Wellen nehmen wieder an Intensität zu. Wieder kommen sie alle drei Minuten, wieder so stark, dass ich nicht schlafen und auch nicht liegen kann. Ich wechsle gegen 22 Uhr ins Wohnzimmer. Ich verbringe die Nacht im Wohnzimmer, versuche zwar, mich immer wieder hinzulegen, aber im Liegen funktioniert es einfach nicht. Ich verbringe die Nacht auf dem Gymnastikball und lege ein Kopfkissen auf den Tisch vor mir und nicke zwischen den Wellen immer kurz ein. Dabei höre ich die Meditation „unter Geburt“ und verliere so ein Gefühl von Zeit und befinde mich irgendwie in einer Zwischenwelt zwischen Wachsein und Schlaf (ein Zustand, der immer wieder auftauchen wird). Die Wellen nehme ich als nicht schmerzhaft wahr, sondern als starken Druck und Ziehen.

19.05.21 ET +5. Auf 10 Uhr muss ich zur Rotineuntersuchung ins KH und dort zeichnet das CTG so hohe Wellen wie noch nie auf, ich muss sie veratmen und versuche dabei immer wieder alle drei Säulen anzuwenden. Eine Hebamme untersucht mich und dabei werden Ihre Augen groß und sie sagt: ,,Na ich würde mal sagen, du bleibst hier und du rufst mal deinen Mann an, dass er kommen kann. Der Muttermund ist bei 4 cm!“ In dem Moment freue ich mich so sehr, dass ich fast vor Freude weinen könnte. Unser Baby hat sich wirklich auf den Weg gemacht und das ganz ohne Einleitung. Ich gehe in die Wanne, als mein Mann da ist und habe alle 3-4 Minuten Wellen. Jedes Mal, wenn eine Welle kommt, muss ich auf die Knie oder in den Schneidersitz, weil ich auch in der Wanne die Welle nicht im Liegen nehmen kann. Mit der Welle schließe ich die Augen, visualisiere den Muttermund und unser Baby und atme tief in den Bauch und mein Mann drückt mir gegen den unteren Rücken. Weiterhin nehme ich die Wellen als Druck und Ziehen wahr, aber nicht als schmerzhaft. Irgendwann fange ich an, die Meditation „ Unter Geburt“ zu hören. Um 15 Uhr wechseln wir dann in das Kreißsaalzimmer und es wird ein CTG geschrieben. Ich werde untersucht und der Muttermund ist nun bei 5-6 cm.
Das empfinde ich als super Fortschritt. Die Hebamme betont aber wiederholt, dass eine Geburt beim ersten Kind lang dauern kann und außerdem sagt sie, dass sie beim Untersuchen einen scharfen Saum am Muttermund entdeckt habe. Sie sagt, sie habe ihn jetzt etwas gedehnt – was ich nicht als schmerzhaft wahrgenommen habe. (Wissen, das wir erst nach der Geburt durch die Hebammen erhalten haben: Sie hatte zu dem Zeitpunkt eine Narbe an meinem Muttermund ertastet. Deshalb ahnte sie ab diesem Zeitpunkt schon, dass die Geburt sehr lang dauern würde – das alles erklärte sie uns nach der Geburt).

Ich wehe weiter vor mich hin, höre die Meditation und bin voller Vorfreude und nehme die Wellen als Druck wahr.
Um 20:45 Uhr platzt meine Fruchtblase, anschließend werde ich untersucht: Der Muttermund ist bei 5 cm. Durch den Blasensprung hat sich der Druck auf den Muttermund (und auch auf die Narbe) erhöht und er hat sich wieder um 1 cm verringert. Es ist 21 Uhr und nun folgen die subjektiv als am schwersten empfundenen 2 Stunden der gesamten Geburt. Das liegt zum einen daran, dass durch den Blasensprung die Wellen stark an Höhe zunehmen, bei einer weiter anhaltenden Frequenz von alle 2 Minuten und 1,5 Minuten lang andauern. Nun wäre mir danach, aufzustehen (da Liegen am schwersten ist), mich zu bewegen und mich auf die neue Intensität einzuschwingen. Aber die Hebamme möchte per CTG abklären, wie unser Baby auf den Blasensprung reagierte und unser Baby soll mindestens 1 x während des CTGs eine Wachphase haben. 2 Stunden lang wird also CTG im Liegen geschrieben, ich soll mich kaum bis gar nicht bewegen, da sonst die Herztöne zeitweise nicht vom CTG aufgezeichnet werden können und unser Sohn ist einfach nicht wach zu kriegen ist (dies beunruhigt mich nicht, M. schlief auch bei den letzten Übungs-CTGs immer wieder fest). Ich muss Apfelsaft und Orangensaft trinken und immer wieder an ätherischen Ölen riechen. Ich komme aus meiner Atmung raus, verliere die Säulen aus den Augen und bekomme einen Einblick davon, wie Geburt empfunden werden kann, ohne die friedliche Geburt. Dann holt mein Mann mir meine Kopfhörer, Kristins Stimme entspannt mich und mein Mann setzt den Anker (Kraulen) genau im richtigen Moment. Und so schaffe ich die 2 Stunden zu Liegen und das CTG darf endlich ab und ich kann aufstehen. Ich befürchte aber nun, dass die Geburt genau so weitergeht und da ich mir versprochen hatte, dafür zu sorgen, dass es ein positives Geburtserlebnis sein soll und ich offen bleibe für jede Variante einer Traumgeburt, thematisiere ich mit der Hebamme und meinem Mann gemeinsam die Möglichkeit einer PDA (unser Plan B). Und jetzt beginnt ein Kapitel der Geburt, das maßgeblich dazu beigetragen hat, dass ich die gesamte Geburt als sehr selbstbestimmt erlebt habe. Die Hebamme bestärkt mich / uns darin, dass wir die Geburt gut ohne PDA meistern können. Aber sie geht mit mir jeden Weg, der sich für mich richtig anfühlt. Und sie macht folgenden Vorschlag: Es wird erstmal Blut abgenommen und bis klar ist, ob die PDA gelegt werden kann, kann ich weiter vor mich hin wehen und gucken, wie die Muttermundsöffnung nun vorangeht und wenn die Ergebnisse aus dem Labor da sind, neu entscheiden, ob ich die PDA möchte. Wir nehmen dieses Angebot an, es ist nun ca. 23:30 Uhr. Mir wird ein Zugang gelegt und ich gehe wieder in die Badewanne. Dort empfinde ich es schon deutlich besser als im Bett. Ich höre die Meditation und visualisiere. Im Anschluss geht es zurück in den Kreißsaal und ich gehe erneut in den Vierfüßlerstand, stütze mich aufs Bett oder hänge mich ans Tuch. In den Wellenpausen falle ich immer wieder in Sekundenschlaf, auch im Stehen. Mein Mann drückt bei jeder Welle in meinen Rücken und ich befinde mich wie in einer Zwischenwelt. Ich nutze die drei Säulen abwechselnd ohne die Begleitung über Kopfhörer, teilweise mit. Ich bin ganz bei mir und merke, dass das Empfinden von einem starken Körpergefühl zurückkehrt. Die Wellen sind zwar sehr intensiv (mein Mann teilte mir im Nachhinein mit, dass sie im Abstand von einer Minute kamen, aber jeweils 1,5 Minuten andauerten. Also mehr Welle als Pause), aber das Gefühl der Überforderung verlässt mich und ich nehme die Wellen wieder als sehr kraftvoll, aber machbar wahr. Währenddessen guckt die Hebamme nur ab und zu nach uns und hält sich sonst sehr im Hintergrund, mein Mann und ich funktionieren gut als Team (wir haben uns vorher viel zusammen vorbereitet, über Kristins Kurs und meine Wünsche für die Geburt ausgetauscht).
Um 1:30 Uhr sind die Ergebnisse aus dem Labor da und mein Muttermund bei 8 cm. Wenn ich wollen würde, könnte ich nun eine PDA bekommen – aber ich will nicht mehr. Und das wirklich nicht, weil ich auf Plan B verzichten will, sondern weil sie nicht notwendig ist. Die Wellen sind zwar höher und in kürzeren Abständen und länger als um 21 Uhr, aber ich komme mit ihnen zurecht. Ich denke nicht mehr über die Dauer der Geburt nach oder bewerte die Wellen, sondern bin einfach im Hier und Jetzt. Meine Welt besteht nur noch aus dem Gegendruck meines Mannes am Rücken, Welle, Visualisierung, Kontakt mit unserem Sohn und Entspannung. Also wehe ich in meinen präferierten Positionen weiter vor mich hin.

Drei Stunden später, um halb 5, werde ich erneut untersucht: Der Muttermund ist weiterhin bei 8 cm. Die Hebamme sagt, dass wir nun seit drei Stunden einen Geburtsstillstand hätten, da trotz des Wehensturms (den ich überhaupt nicht so wahrgenommen habe) der Muttermund sich in den letzten 3 Stunden nicht weiter geöffnet hätte. Sie sagt, sie sei überrascht, dass ich weiterhin nicht so erschöpft aussehen würde, als würde die Geburt seit 17 Stunden gehen und ich auch die beiden Nächte davor nicht geschlafen hätte. Dennoch sei ihre Empfehlung die Muttermundsöffnung nun mittels Wehentropf zu unterstützen. Diesen würde sie mir ohne Schmerzmedikation zu meinen eigenen Wellen nicht zumuten und nun empfehle sie Wehentropf und PDA. So wie wir es uns vorgenommen haben, vertrauen wir in die Hebamme und folgen ihrem Rat. Das Anästhesistenteam kommt relativ schnell, mein Mann muss fürs Legen der PDA den Raum verlassen und ich bin weiterhin eher bei den drei Säulen und unserem Sohn und nehme das Legen der PDA nur als Druck wahr. Meine Wellen gehen unter der PDA zurück, wir können kurz schlafen und gegen 7 Uhr wache ich auf und sehe die Hebamme den Wehentropf hochdrehen. Ich bemerke wie die Wellen wieder beginnen, halte mich aber mit dem Drücken der Zufuhr für die PDA zurück, da ich Sorge habe, ansonsten die Geburt nicht richtig wahrnehmen zu können. Gegen viertel vor 8 Uhr nehme ich Pressdrang wahr. Dies sage ich meinem Mann und er klingelt nach der Hebamme. Sie kommt und untersuchte mich: Ja, Muttermund ist bei 10 cm, vollständig eröffnet. Allerdings seien sie gerade in der Übergabe, ich dürfte aber ruhig schon etwas mitschieben, so schnell würden die Kinder nicht geboren werden. Sie verlässt uns wieder. Ich liege also auf der Seite und schiebe vorsichtig mit. Schnell wünsche ich mir aber, dass jemand Dammschutz bei mir macht und bitte meinen Mann um kurz vor 8 erneut zu klingeln. Die Hebamme kommt und ich frage sie, ob ich in den Vierfüßlerstand wechseln dürfte (von der PDA nehme ich kein Taubheitsgefühl mehr wahr und ich kann auch die Presswellen gut spüren, worüber ich mich freue). Ja, ich darf. Also drehe ich mich um und stütze mich mit den Händen oben auf das erhöhte Kopfteil, während ich auf den Knien weit auseinander gehe. Bei jeder Presswehe atmete ich „nach unten hin“ lange aus, gehe mit meinem Körper immer weiter runter. Dabei kommen mir meine Affirmationen immer wieder in den Kopf „Ich bin kraftvoll und stark“ und „ Ich bin weit und weich“. Zum ersten Mal unter der Geburt bin ich laut: Ich töne und es hilft mir, Kraft aufzubauen. Ich spüre eine sehr starke Dehnung und wie der Kopf immer weiter runterrutscht. Nach 4 Presswehen darf ich kurz nicht pressen und muss stattdessen hecheln. Jetzt ist das Körpergefühl am intensivsten. Aber ich fühle mich so kraftvoll und stark wie noch nie in meinem Leben. Dann höre ich wie die Hebamme jemandem (später erfuhr ich: dem Arzt am Telefon) sagt: Komm in Kreißsaal 2, Geburt.“ Während ich diese Worte höre, durchflutet mich so viel Stolz: Ich gebäre hier gerade wirklich unser Baby! Und dann wird der Kopf geboren. Während ich auf die nächste Presswelle warte, fange ich schon vor Freude an zu weinen und lehne meinen Kopf an meinen Mann: Gleich wird wirklich unser Sohn geboren! Gleich ist M. da. Und mit der nächsten Welle ist er da, um 8:16 Uhr. Ich weine weiter vor Glück und drücke meinen Mann. Dann drehe ich mich vorsichtig um und da liegt er und mein erster Gedanke ist: „Wie ist dieses große Baby gerade aus mir rausgekommen?“ Er weint nicht, sondern machte erst Geräusche, als die Hebammen ihn mit einem Handtuch abrubbeln. Wie sich herausstellt, ist M. tiefenentspannt zur Welt gekommen, mit super Werten.

Ich habe die Geburt als etwas so Schönes, Kraftvolles, Selbstbestimmtes und als Urgewalt erlebt. Ich bin der festen Überzeugung, dass die intensive Vorbereitung mit der friedlichen Geburt mich durch diese Geburt getragen hat. Es half mir sehr, anzunehmen, dass die Geburt so voranschreitet wie sie voranschritt, offen zu bleiben für alle Wendungen, auf mich zu achten, bei mir zu bleiben und im Vertrauen zu sein, in mich, unser Kind, meinen Partner und das ganze geburtsbegleitende Team. Tatsächlich gab es sogar Parallelen zu meiner mir vorgestellten Traumgeburt: Mein Mann war von Anfang an dabei, ich habe im Kreißsaal mit einem Bad gestartet, die Austrittsphase war kurz und endete verletzungsfrei und ich habe ihn im Vierfüßlerstand geboren. Ich habe die Geburt als so etwas Besonderes erlebt, dass ich danach etwas wehmütig war, dass sie nun schon hinter mir liegt und freue mich schon jetzt darauf, vielleicht irgendwann noch einmal ein Kind gebären zu dürfen. Vielen, vielen Dank Kristin für deinen Kurs!!

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