Bis heute haftet dem Phänomen Hypnose bisweilen ein zweifelhafter Ruf an.
Dies liegt vor allem darin begründet, dass uns die Hypnose heute vor allem in Form der Showhypnose begegnet, im Bereich der Esoterik oder in Form von religiöser oder spiritueller Trance.
Im Folgenden möchte ich versuchen, anhand von ausführlichen und seriösen Quellen und Studien darzulegen, wie außerordentlich gut das Phänomen inzwischen wissenschaftlich erforscht ist. Die medizinische Wirkung der Hypnose in Form der Hypnotherapie ist inzwischen allgemein anerkannt – in Deutschland spätestens seit 2006 durch den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie als Psychotherapiemethode im Sinne des § 11 des Psychotherapeutengesetzes.
Pionier auf diesem Gebiet war der amerikanische Psychiater Milton H. Erickson (1901-1980), der die moderne Hypnose entscheidend geprägt hat.
Bei der Hypnose wird bei der zu hypnotisierenden Person der Zustand einer hypnotischen Trance hervorgerufen.
Das Wort „Hypnose“ ist zwar aus dem altgriechischen ὕπνος/hýpnos für ‚Schlaf‘ entlehnt, dennoch handelt es sich bei der hypnotischen Trance um einen tiefentspannten, wachbewussten Zustand, mit der Besonderheit einer auf wenige Bereiche stark fokussierten Aufmerksamkeit.
Wir kennen diesen Zustand sehr gut aus dem Alltagsleben – Etwa den Moment großer Tiefenentspannung kurz vor dem Einschlafen oder nach dem Aufwachen, oder auch bei starker Konzentration auf ein Buch oder einen Film.
Schlaf und Hypnose unterscheiden sich physisch messbar. Mittels Elektroenzephalogramm (EEG) lassen sich unterschiedliche Hirnwellen während der genannten Bewusstseinszustände erkennen (Bongartz et al., 1988).
In der modernen Hypnotherapie wird der hypnotische Trance-Zustand vom Hypnotiseur künstlich hervorgerufen. Dies geschieht vor allem mithilfe von hypnotischen Sprachmustern, Suggestionen und Implikationen, oft unterstützt durch eine bestimmte Art des Sprechens. Hin und wieder werden auch Hilfsmittel verwendet, wie das Anstarren eines bestimmten Punktes oder unterschiedlich farbiger Karten. Ich selbst verwende in meinen Hypnosen ausschließlich die Kraft der Sprache – in meinen Kursen für die sogenannten „hypnotischen Anker“ aber auch Gerüche und Berührungen.
Meine Kurse werden besonders häufig auch von Ärztinnen und Psychologinnen gebucht. Hier hat Dipl. Psych. Friederike Krusch eine kleine Einschätzung für mich geschrieben…
Dipl.-Psych. Friederike Krusch
Psychologische Psychotherapeutin
Verhaltenstherapie
Der britische Arzt Grantly Dick-Read erläuterte bereits in den 30er-Jahren zum ersten Mal das Prinzip des sogenannten Angst-Verspannung-Schmerz-Kreislaufs, nach dem die Angst der Gebärenden eine der Hauptursachen für den Geburtsschmerz darstellt. Nachdem sich Hypnose bereits zuvor als wirksam sowohl zur Angst- als auch zur Schmerzbekämpfung erwiesen hatte, lag der Einsatz in der Geburtsvorbereitung nahe. Auf dieser Basis entstanden ab den 80er-Jahren Methoden wie das HypnoBirthing nach Marie Mongan.
Die Wirkung von Hypnose auf den Geburtsverlauf wurde seitdem wiederholt in wissenschaftlichen Studien untersucht und zwar vor allem im Hinblick auf folgende Faktoren:
Wer sich einen ausführlichen Überblick über die aktuelle Studienlage zum Thema Geburtsvorbereitung mit (Selbst-)Hypnose verschaffen will, dem sei die hervorragende Arbeit von Junia Hüppi und Karin Künzle „Selbsthypnose in der Geburtshilfe“ (2011) empfohlen, die sieben aktuelle Studien vergleicht und nach ihrer Qualität bewertet. Wer sich ausführlicher mit den Details beschäftigen möchte, kann die Arbeit HIER einsehen.
In ihrem Studienvergleich führen Hüppi und Künzle insgesamt sieben wissenschaftliche Studien an, die in ihrer Qualität variieren, aber generell die gleichen Tendenzen aufzeigen. Beispielhaft möchte ich gerne auf einige davon näher eingehen, die ich für relevant und qualitativ hochwertig halte.
Zum ersten wäre das die englischsprachige Studie von Harmon et al. (1990), eine kontrollierte und randomisierte Studie (RTC). Diese Studie kam zu folgenden Ergebnissen:
Zum Thema Schmerzen und Interventionen kam die unverblindete Pilotstudie von Cyna et al. (2006) zu dem Ergebnis, dass signifikant weniger Frauen in der Hypnosegruppe eine PDA in Anspruch nahmen (p < 0.05). Zudem gebaren 23 von 50 Frauen (46 %) spontan und ohne Einsatz von PDA, während es in der Kontrollgruppe 455 von 1436 (32 %) waren (p < 0.05).
Da diese Studien sehr auf die medizinischen Aspekte konzentriert sind, ist es interessant, sich auch den emotionalen und psychologischen Aspekten von geburtsvorbereitender Hypnose zuzuwenden. Hierzu ist die Studie von Guse et al. (2006) aufschlussreich. Sie beschäftigte sich mithilfe von verschiedenen Scores mit dem Gefühlsleben der Probandinnen nach der Geburt.
Dabei wurde festgestellt, dass die Hypnosegruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe bereits zwei Wochen nach der Geburt eine signifikante Verbesserung in beinahe allen Bereichen zeigte, sowie ein signifikant grösseres Wohlbefinden. Auffallend war das Ergebnis der Hypnosegruppe in ihrer Zufriedenheit mit dem Leben. Es stellte sich eine erhöhte Zufriedenheit ein, welche sich zehn Wochen nach der Geburt nochmals signifikant erhöhte im Vergleich zur pränatalen Untersuchung.
Außerdem zeigten sich signifikant weniger Symptome einer Depression (p < 0.04) und weniger Anzeichen eines allgemeinen Unwohlseins (p < 0.05).
Mit den Auswirkungen auf die Psyche beschäftigte sich auch die deutschsprachige Studie von Hüsken-Janssen et al. (2005).
Sie ist dem Design nach eine quasi-experimentelle Studie und damit dem Evidenzlevel nach nicht ganz zu vergleichen mit den Studien nach RTC-Design. Dennoch lassen sich auch hier positive Auswirkungen auf das Gefühl von Selbstbestimmtheit, positivere Gefühle gegenüber der Geburt im Vorfeld, und eine erhöhte Bereitschaft, die Geburt nochmals zu erleben beobachten.
So gaben 77.4 % der Frauen in der Hypnosegruppe nach der Geburt an, sich ‚stolz, glücklich und zufrieden’ zu fühlen, während es in der Kontrollgruppe nur 44 % waren. Interessant ist auch die beobachtete schnellere körperliche Erholung der Hypnosegruppe.
Quelle: reasearchgate.net
Bisher alle seriösen Studien, die ich finden konnte, konnten eine signifikante Wirkung von Hypnose auf den Geburtsverlauf im Sinne von Dauer, Schmerzen, Komplikationen und psychischer Verfassung nachweisen. Dies bestätigt meine persönliche Erfahrung als Gebärende und wird mir auch täglich von den Schwangeren, die ich betreuen darf, berichtet. Viele Meta-Studien erwähnen aber auch, dass noch Forschungsbedarf besteht. Ich freue mich über eine Fortsetzung der Diskussion und auf neue Erkenntnisse zu diesem wichtigen Thema.
Zum Abschluss noch ein englischsprachiger Überblick zum Forschungsstand aus dem renommierten Fachblatt für Anästhesie „British Journal of Anaesthesia“ von 2004.
“ Meta-analyses of the three remaining RCTs showed that, compared with controls, fewer parturients having hypnosis required analgesia, relative risk=0.51 (95% confidence interval 0.28, 0.95). Of the two included NRCs, one showed that women using hypnosis rated their labour pain less severe than controls (P<0.01). The other showed that hypnosis reduced opioid (meperidine) requirements (P<0.001), and increased the incidence of not requiring pharmacological analgesia in labour (P<0.001).“
Bongartz, B. & Bongartz, W. (1988). Hypnose. Wie sie wirkt und wem sie hilft. Zürich: Kreuz Verlag.
Dick-Read, G. (1942, Neuaufl. 1972). Mutterwerden ohne Schmerz. Die natürliche Geburt (19. Aufl.). Hamburg: Hoffman und Campe Verlag.
Cyna, A.M., Andrew, M.I. & McAuliffe, G.L. (2006). Antenatal self-hypnosis for labour and childbirth: a pilot study. Anaesthesia and Intensive Care, 34, 464-469.
Hüppi, J. und Künzle, K. (2011). Selbsthypnose in der Geburtshilfe. Zürich, Hochschule für angewandte Wissenschaften.
Harmon, T.M., Hynan, M.T. & Tyre, T.E. (1990). Improved obstetric outcomes using hypnotic analgesia and skill mastery combined with childbirth education. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 58, 525-530.
Martin, A.A., Schauble, P.G., Rai, S.H. & Curry, R.W.jr. (2001). Effects of hypnosis on the labor processes and birth outcomes of pregnant adolescents. Journal of Family Practice, 50, 441-443.
Guse, T., Wissing, M. & Hartman, W. (2006). The effect of a prenatal hypnotherapeutic programme on postnatal maternal psychological well-being. Journal of Reproductive and Infant Psychology, 24(2), 163-177.
Hüsken-Janssen, H., Revenstorf, D. & Tinneberg, H. (2005). Hypnotherapeutische Geburtsvorbereitung. Studie zur Wirksamkeit der hypnoreflexogenen Methode nach Schauble. Frankfurt am Main: Peter Lang.